Den Musikstil wechseln
In den letzten Wochen habe ich viele E-Mails und Kommentare erhalten, in denen ich gefragt wurde, wieso ich keine elektronische Musik mehr produziere. Die Antwort darauf lässt sich nicht in zwei Sätzen zusammenfassen. Daher erkläre ich in diesem Post, was es mit dem Wechsel des Musikstils auf sich hat.
Als ich den Hard Rock / Classic Rock Song „Fight for you“ vorgestellt habe, waren die meisten Personen verblüfft. Freund*innen, Bekannte, Fans und Mitmusiker*innen kannten mich als Komponistin und Produzentin elektronischer Musik und hätten niemals damit gerechnet, eine Hard Rock Nummer zu hören. Ich habe sehr gutes Feedback für den Song erhalten, sodass der Stilwechsel im Großen und Ganzen gut aufgenommen wurde. Trotzdem gingen viele Personen davon aus, dass es nur eine Phase wäre, die nach zwei, drei Songs endet und ich anschließend wieder zum Uplifting Trance zurückkehre.
Das ist keine Phase. Ich habe mich niemals auf einen einzigen Musikstil fokussiert und habe es auch nicht vor.
Weder als Songwriterin, Komponistin, Produzentin noch Hörerin habe ich mich klar zu einer Szene oder einem Musikstil gezählt. Ich möchte mich nicht beschränken, weil es so viele gute Musik da draußen gibt.
Aus Sicht des Marketings kann es durchaus Sinn ergeben, eine Marke zu etablieren und seinen Stil für diese Nische auszurichten. Mein Name wurde zu einer Marke, ohne dass ich es merkte. Seit 2007 stand mein Name für Uplifting Trance. Als ich 2007 meine ersten kommerziellen Veröffentlichungen hatte, war Elektro House ein weiteres Genre, das mir zugewiesen wurde. Es half mir damals, ein Publikum aufzubauen, aber es fühlte sich niemals richtig an. Nun versuche ich diese Marke loszuwerden, weil ich sie niemals bewusst angenommen hätte.
Wer meinem musikalischen Treiben seit dem Anfang folgt, dürfte bereits früher gemerkt haben, dass ich eine Multi-Genre Songwriterin bin. Anfangs fokussierte sich meine Musikproduktion auf elektronische Musik, aber ich begann schon sehr früh Songtexte für Popmusik zu schreiben. 2007 gründete ich die Alternative Rock / Punk Rock Band The Verge, wodurch ich viel Erfahrung als Songwriterin, Arrangeurin und Produzentin sammelte. Jedoch wurde jeder Rocksong meiner Band zugeordnet, ganz unabhängig davon, wer ihn geschrieben hat. Mit meiner Rückkehr zur Musik, möchte ich als Komponistin, Arrangeurin und Produzentin sichtbar sein.
Ich habe insgesamt 120 Songs in über 30 Musikstilen geschrieben. Die meisten findet ihr in meiner YouTube Discographie oder auf dem SoundCloud Profil von The Verge. Es ist viel Neues in Arbeit.
Ich habe mich gegen Projektnamen entschieden.
Künstler*innen, die in vielen Musikrichtungen schreiben oder mit vielen Musiker*innen zusammenarbeiten, geben jeder Konstellation oder jedem Genre einen eigenen Projektnamen. Es ist eine tolle Strategie für zielgerichtetes Marketing, doch in meinem Fall machen beide Ansätze keinen Sinn. Ich bin in zu vielen Genres unterwegs, was zu viele Projekte nach sich ziehen würde. Jedes Projekt bräuchte mindestens einen aktiven Social Media Auftritt. Dazu fehlt mir schlichtweg die Zeit. The Verge ist das einzige Projekt, da es sich als Band mit festen Mitgliedern, Rollen und Teamgeist versteht. Neu ist, dass ich meinen Namen für verschiedenste Genre öffne und mich durch die ständig wechselnde Besetzung bewusst gegen Projektnamen entschieden habe. Es fühlt sich besser an, da ich mich in erster Linie als Komponistin / Songwriterin und zweitens als Produzentin identifiziere. Außerdem möchte ich damit erreichen, dass man meine Vielseitigkeit und meine Rolle wahrnimmt.
Wie sich Songwriting in anderen Musikgenre anfühlt.
Vor einigen Jahren habe ich zwanghaft versucht, Musik in gewissen Stilrichtungen zu schreiben, um meinen Fans zu gefallen. Das ging sogar so weit, dass ich den Musikstil eines Songs von Pop nach Trance gewechselt habe, weil es sich einfacher realisieren ließ. Da ich keine Gitarre spielen kann, wurde das Arpeggio, das eigentlich für eine E-Gitarre gedacht war, von einem Synthesizer ersetzt. Zudem ist das Stück wesentlich schneller als die ursprüngliche Pop Rock Ballade. Im Nachhinein fühlt sich der erzwungene Stilwechsel wie ein großer Fehler an.
Man sollte einen Song in dem Genre schreiben, wo er sich zu Hause fühlt. Es ergibt keinen Sinn, sich Konventionen, Trends und Bedürfnissen anzuschließen, nur um seine Fans glücklich zu machen. Man fühlt sich als Songwriter*in und Komponist*in viel freier, wenn man die Musik schreibt, die einem spontan in den Kopf kommt.
Ungewisse Zukunft der elektronischen Musik
Was hat dazu geführt, dass ich meinen Musikstil gewechselt habe? Ehrlich gesagt habe ich bereits 2014 meine Verbindung zur elektronischen Musik verloren. Ein paar richtig coole Entwürfe wie z.B. „The Awakening“ habe ich 2017 realisiert, doch danach wurde es still um mich. Ich hatte keine Ideen mehr und hing fest. Mein drittes Studioalbum „Event Horizon“ gab all diesen Skizzen, die irgendwo zwischen Raum und Zeit verschwunden waren, ein neues Zuhause. Ich brauche lediglich einen Anlass, um den letzten Schritt zu gehen. Das meinte ich mit ein Kapitel schließen und ein neues beginnen.
Manchmal muss man einfach die Perspektive wechseln, etwas Neues wagen oder einfach mal das tun, wonach einem ist. Ich habe meiner Intuition vertraut. Es fühlt sich richtig an, sich Songwriting und Produktion anderer Genres zu widmen und dadurch seinen Horizont zu erweitern, statt den Sounddesign Standard der aktuellen elektronischen Musik zu verstehen und nachzumachen. Das ist einer der Gründe, wieso ich aktuell keine Lust auf elektronische Musik habe. Ich schließe nicht aus, dass ich irgendwann wieder Lust auf elektronische Beats haben werde. Selbst wenn wird Elektro nicht mein einziger Spielplatz sein. Die Welt dreht sich weiter und ich bewege mich fort. Auch, wenn dies bedeutet, dass ich ständig meinen Musikstil ändern werde.
Ich hoffe, dass ich mit diesem Post meine Beweggründe etwas klarer darstellen konnte. Es war niemals mein Ziel, zu einer Marke zu werden und in einer einzigen Musikrichtung unterwegs zu sein. Ich mache das, was ich schon immer gemacht habe, bloß, dass ich offener damit umgehe. Ich bin eine Komponistin und Produzentin, die in vielen Genres unterwegs ist und Spaß daran hat.