Namenskonventionen von Songtiteln
Habt ihr euch schonmal gefragt, wieso kaum jemand Pop-Musik Komponist*innen und Produzent*innen kennt? Vor einigen Wochen habe ich mich über Namenskonventionen von Songtiteln auseinandergesetzt und stellte fest, dass es eine mögliche Ursache für die Unsichtbarkeit bestimmter Rollen sein könnte.
Als ich mich mit einem Freund über klassische Musik unterhielt, fanden wir heraus, dass sich die dortigen Namenskonventionen komplett von der Pop-Musik unterscheiden. Man spricht von Frédéric Chopin’s Sonaten oder Konzerten von Ludwig von Beethoven. Aber in der Pop-Musik spricht man von einem Song von Taylor Swift oder Ed Sheeran, ohne zu wissen, ob sie den Song geschrieben haben. Wieso bringen wir im alltäglichen Sprachgebrauch Komponist*innen mit Künstler*innen durcheinander?
Pop Musik Namenskonvention
Ihr kennt wahrscheinlich diese Songtitel Konvention, die sich um die Künstler*innen dreht.
Interpret*in feat. Gast – Titel (Remixer*in Version)
In unserer Alltagssprache ist es nicht klar, ob wir mit „Taylor Swift’s Song“ einen Song meinen, den sie gesungen oder geschrieben hat. Lediglich der Kontext und unser Hintergrundwissen kann dies beantworten. Sie singt, schreibt, komponiert und performt die meisten ihrer Songs. Wenn wir es nicht wissen, wird der Künstlername automatisch mit Komponisten und Songwritern gleichgesetzt, was aber nicht immer übereinstimmt. Denkt zum Beispiel an Katy Perry’s Mega Hit „I kissed a girl“. Wusstet ihr, dass dieser Song von Max Martin, Cathy Dennis und Dr. Luke geschrieben wurde? Wahrscheinlich nicht.
In der Regel schreiben Songwriter-Teams mehrere Songs für ein*e Künstler*in, die dann mit Tontechniker*innen, Sessionmusiker*innen und Produzent*innen aufgenommen werden. Manchmal stammen die Aufträge auch von Plattenfirmen, oder die Künstler*innen bringen ihre einen Entwurf mit. Der Titel enthält meistens die Interpretinnen, ergänzt durch Features, wie z.B. Gäste, Solist*innen, Rapper*innen oder Leute, die bloß im Musikvideo auftauchen. Die vollständige Liste der Songwriter*innen und Produzent*innen findet man nur im Booklet, wobei auch dort häufig die Namen der Sessionmusiker*innen und Tontechniker*innen fehlen, da die zum Studio gehören. Selbst dann kann man sich nicht sicher sein, ob die Daten vollständig sind, denn Ghostwriter*innen und Ghostproduzent*innen gibt es auch zur Genüge.
Namenskonventionen der klassischen Musik
Eine kurze Recherche hat ergeben, dass es mehrere Katalogsysteme gibt, nach denen klassische Werke nummeriert werden. Beispielsweise die Opusnummer (op.) oder auch der Köchel Katalog (KV). Im Grunde genommen geht es darum, sämtliche Werke von Komponist*innen chronologisch zu sortieren. Wahrscheinlich seid ihr schonmal auf einen Titel gestoßen wie „Wolfgang Amadeus Mozart – Symphonie Nr.4 in D-Dur, KV 19“, den man so lesen kann:
Komponist – Symphonie / Konzert, Katalognummer
Auch wenn ein anderes Orchester oder ein*e Solist*in dieses Stück spielt, wird es nach wie vor Mozart sein. Mozart gespielt vom Wiener Symphonieorchester und nicht „Wiener Symphonieorchester – Symphonie in D-Dur“. Lediglich ein Bruchteil der Stücke hat sprechende Namen. Und trotzdem richten sich die meisten Namenskonventionen an die Komponist*innen und nicht an die Interpret*innen.
Meine Namenskonvention
Die weit verbreitete Namenskonvention der Pop-Musik sagt mir nicht zu, da die Stereotypen in der Musik verbreitet. Meiner Meinung nach sollte jede Person, die den Song geschrieben hat, im Titel genannt werden. Deswegen nutze ich seit Jahren diese Konvention:
Songwriter*innen feat. Interpret*innen – Titel (Version)
Der Künstlername erhält bei meinen Songs immer die Songwriter*innen. Der erste Name ist reserviert für die Person, die das Projekt gestartet hat oder das meiste beigetragen hat. Das Feature vergebe ich an Solist*innen und Interpret*innen, die es aufgenommen und für ihre Zwecke angepasst haben. Am liebsten würde ich die ganze Band auflisten, was aber aus Platzgründen nicht immer geht. Daher hat es sich durchgesetzt, die Sänger*innen zu featuren, da diese von den Hörer*innen am ehesten wahrgenommen werden. Ich lege viel Wert darauf, dass ALLE Beteiligten im Kleingeschriebenen genannt werden, ganz gleich ob Website oder Booklet.
Wie stehst du dazu?
Hast du dir jemals Gedanken darüber gemacht, wie man das Problem mit Komponist*innen, Interpret*innen und weiteren Rollen in den Griff kriegt?
Welche Namenskonvention sagt dir am meisten zu – Und wieso?