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Musik

September – Songwriting und Arrangement

Der Alternative Rock Song „September“ von der Internetband The Verge folgt einem ausgeklügeltem Songwriting Konzept, bei dem jeder Schritt durchdacht wurde. Erfahrt in diesem Post mehr über Songwriting und Arrangement eines Alternative Rock Songs. Ein exklusiver Blick hinter die Kulissen.

Songwriting eines Rocksongs

Eine Liebesgeschichte im Herbst

In „September“ geht es um einen unglücklich verliebten jungen Mann, der die kalte Schulter gezeigt kriegt. Er gibt nicht auf, bis er den wahren Grund erfährt. Aus musikalischer Sicht ist „September“ besonders spannend, weil viele Ideen und viele Songwriting-Techniken dahinter stecken. Ich habe Fachbegriffe auf geeignete Wikipediaseiten verlinkt und stehe euch gerne bei Fragen zur Verfügung. Den Song „September“ könnt ihr auf unserem SoundCloud-Profil anhören.

The Verge - September
The Verge – September

Wortwahl, Reime und Phrasierung

In den Strophen wird die Person, in der er verliebt ist, genaustens beschrieben. Für eine frisch verliebte Person ist die Wortwahl stark negativ konnotiert. Deswegen greift das lyrische Ich das schlechte Ende bereits in den ersten Zeilen voraus. Der Song wird erzählt, nachdem die Geschichte passiert ist.

Die Refrains beginnen und enden mit einer Datumsangabe. Die Tage wurde nach der Anzahl der Silben gewählt: se-ven-teenth, twen-ty-first, twen-ty-third, thir-ty-first. Jedes Zeilenende hat einen unreinen Reim oder eine ähnlich klingende Worte (Homophone), damit sich der Text wie ein Tagebucheintrag liest. Wir wurden häufig darauf angesprochen, wieso der 31. September erwähnt wird. Dem lyrischen Ich ist selbstverständlich bewusst, dass es diesen Tag nicht gibt. Er ist eine Metapher für einen verfluchten Tag, an dem das Schicksal seinen Lauf nahm.

Wechsel der Erzählform

Nach der Abfuhr (ab 2:42) wechselt die Erzählform. Aus einem Tagebucheintrag wird ein erlebter Dialog, wobei der Erzähler viel in die Reaktion des Gegenübers interpretiert und sich Mitgefühl wünscht. Am Ende (4:30) wird aus der erlebten Rede eine wörtliche Rede. Hier gesteht die junge Frau, dass sie den Erzähler um den Finger gewickelt hat und möchte ihm eine zweite Chance geben. Die Handlung endet offen, doch es dürfte jedem klar sein, dass der Erzähler die Chance nicht annehmen wird.

Arrangement eines Alternative Rock Songs

Wie schreibt und arrangiert man einen Alternative Rock Song mit einer einfachen Akkordfolge, ohne dass er zu einfach klingt? September verzichtet im Songwriting auf komplexe Akkorde, sondern setzt auf einen progressiven Aufbau des musikalischen Themas. Die ganze Magie steckt im Arrangement dieses Rocksongs, denn die Instrumente, deren Effekte und Spieltechniken wurden durchdacht eingesetzt.

Ein durchgängiges Thema

Das musikalische Thema aus einer einfachen aufsteigenden Melodie zieht sich durch den gesamten Song. Diese leicht zurückfallende Melodie passt gut zum Text, weil er mit häufigen Wechseln und Rückblicken spielt. Variationen des Themas finden wir später in den Streichern und im Chor.

Fünf Akkorde, die im Ohr bleiben

Von allen Songs, die The Verge je geschrieben hat, besitzt „September“ das kleinste Akkordblatt, aber die meisten Spuren. Ursprünglich sollte der Song durchgängig aus fünf Akkorden bestehen. Unterschiedliche Instrumente ergänzen das Thema. Doch dann fiel mir im Proberaum ein Bass-Solo ein, sodass dort – und nur dort – weitere Akkorde hinzukamen. Aus diesen Akkorden besteht der Song:

Strophe, Refrain
Hm | Asus4 | G | F# A#dim |

Solo
Hm | A#dim | F#7 | F# A#dim |
Hm | A | A | F# A#dim |

The Verge – September

Spannung im Arrangement erzeugen

Die zunehmende Anzahl der Spuren erzeugt Spannung. Der Song beginnt mit Klavier und Bass, danach kommt eine mit dem Handballen gedämpfte (palm muted) Gitarrenspur und das Schlagzeug hinzu. Nach und nach verdichtet sich das Arrangement, wobei das Stereofeld breiter wird.

Mit jeder Strophe werden Dynamik und Spielweisen der Instrumente intensiver. Bei der Gitarre mussten wir tricksen, damit der Übergang zwischen palm muted und normaler Spielweise fließend klingt. Hier wurden mehrere Spuren aufeinandergelegt und mit psychoakustischen Tricks nach hinten verschoben. Das Schlagzeug wechselt von geschlossenen zu offenen Hi Hats und spielt zunehmend komplexere Rhythmen, um mehr Platz im Arrangement zu erhalten.

Im Höhepunkt (4:24 – 4:46) spielen mehrere Streicher, gemutete und normale Gitarren, Bass, Klavier und mehrere Spuren Gesang. Interessant ist, dass auch die Anzahl an Gesangsspuren steigt, so hören wir am Ende unterschiedliche Lagen, ad libs (eingeworfene Phrasen), aber auch einen Chor.

Übersicht über die verwendeten Spuren

Beim Songwriting und Arrangement dieses Rock-Songs haben wir insgesamt über 40 Spuren aufgenommen:

Gesangsspuren (alle mono):

  • 3x Lead Gesang (zu einer Spur geschnitten)
  • 10x Layer Gesang (3x Terz, 3x Quinte hoch, 3x Quinte tief, 1x Oktave)
  • 8x weiblicher Chor (2x hohe Terz, 2x Oktave, 2x Quinte, 2x Terz)
  • 3x männlicher Chor (2x Terz, 1x tiefe Quinte)
  • 2x ad libs

Instrumente:

  • 2x Akkustik Gitarre (L + R)
  • 2x Crunch E-Gitarre (L + R)
  • 2x Palm Muted E-Gitarre (L + R)
  • 4x Verzerrte E-Gitarre (L + R)
  • 1x Klavier (stereo)
  • 1x Bass (mono)
  • 2x Kontrabass (stereo)
  • 2x Cello (stereo)
  • 1x Streicher Arrangement (stereo)
  • 1x Wind / Sturm (Stereo-Sample)

September ist in vielerlei Hinsicht komplex

Wenn man „September“ hört, dürfte man nicht erwarten, dass der Song in vielerlei Hinsicht komplex ist. Nun, wo ihr die Songwriting und Arrangement dieses Rocksongs kennt, seht ihr, dass der Teufel im Detail steckt. Ich habe zuvor noch nie mit so vielen Gesangsspuren gearbeitet, sodass es viel Zeit gebraucht hat, alle Spuren hörbar unterzubringen. Die größte Herausforderung beim Mischen war die Gitarrenwand, die sich ständig mit den palm-muted Gitarren gebissen hat.

September ist ein Bestandteil des Debütalbums „Something you did not know“, das ihr auf unserem SoundCloud Account kostenlos herunterladen könnt.

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